17. März 2020

Zum Umgang mit dem Coronavirus aus arbeitsrechtlicher Sicht

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

 

das Coronavirus ist das bestimmende Thema in unserem Land, in den Medien und bei den Menschen, also auch bei unseren Kolleginnen und Kollegen. Keine Zeitung, die

nicht an herausgehobener Stelle über die Entwicklung in Deutschland und der jeweiligen Region berichtet und den Leserinnen und Lesern Ratschläge erteilt, sich nach Möglichkeit zu schützen. Zwischen Hysterie und Ignoranz ist es sicherlich richtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, geplante Reisen auf den Prüfstand zu stellen und sich noch häufiger die Hände zu waschen. Allerdings hat die Situation auch gesellschaftliche und auch arbeits-rechtliche Aspekte. Über Letztere wollen wir nachfolgend kurz informieren. Aus Sorge um meine Gesundheit und weil ich befürchte, mich in der U-Bahn oder auf der Arbeitsstelle anstecken zu können, kann ich nicht einfach zu Hause bleiben oder Dienstreisen verweigern. Meine arbeitsrechtlich geschuldeten Verpflichtungen bestehen zunächst unverändert weiter, das Direktionsrecht des Arbeitgebers gilt fort. Allerdings hat auch der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht im Hinblick auf seine Beschäftigten, die ihn verpflichten kann, Maßnahmen zu deren Schutz umzusetzen. Diese können gegebenenfalls auch von Betriebs- und Personalräten eingefordert werden, die entsprechende Vorschläge unterbreiten können. Im Extremfall kann der Arbeitgeber zum Beispiel auch eine Betriebsschließung anordnen, allerdings bleibt dann der Entgeltanspruch der Beschäftigten bestehen. Ein Zwangsurlaub hingegen scheidet aus, ebenso ein verpflichtender Abbau von aufgebauten Zeitguthaben aus Arbeitszeitkonten, die zur Verfügung der Beschäftigten stehen. Beschäftigte, bei denen der Verdacht besteht, sie seien erkrankt, darf der Arbeitgeber hingegen nach Hause schicken. In solch einem Fall, bleibt der Anspruch auf Vergütung des Beschäftigten aber unverändert bestehen. Das gilt natürlich auch, wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter am Coronavirus erkrankt und folglich arbeitsunfähig ist – dann greifen die allgemeinen Regelungen der Entgeltfortzahlung. Ordnet eine Behörde die Schließung eines Betriebes an, liegt das Risiko zunächst beim Arbeitgeber. Das Recht des Arbeitgebers, unter Berücksichtigung der Mitbestimmungsrechte des Betriebs- oder Personalrats Überstunden anzuordnen, bleibt bestehen. Es kann beispielsweise dann greifen, wenn notwendige Arbeiten zu gewährleisten sind, um beispielsweise eine Betriebsschließung zu verhindern oder für die Allgemeinheit wichtige Arbeiten durchgehend erbracht werden müssen. Wird gegenüber einem Beschäftigten durch die Gesundheitsbehörden ein Tätigkeits- oder Beschäftigungsverbot aufgrund des Verdachts der Erkrankung oder Ansteckungsgefahr ausgesprochen, so darf dieser nicht mehr tätig werden, behält aber gleichwohl seinen Anspruch auf die geschuldete Vergütung. In diesem Fall sollte der Beschäftige seinem Arbeitgeber Mitteilung über das verhängte Tätigkeitsverbot machen, damit dieser die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der übrigen Beschäftigten einleiten kann. Jenseits der eindeutigen Regelungen ist es wichtig, im Betrieb offen über die Gefahren zu sprechen und Möglichkeiten auszuloten. Dazu kann zum Beispiel das Instrument des Home Office sowie der freiwillige Abbau von Überstunden gehören. Natürlich sollten im Betrieb, insbesondere, wenn es Publikumsverkehr gibt, ausreichend Desinfektionsmittel zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, dass in einer solch besonderen Situation klare Regeln gelten und bekannt sind. Genauso wichtig ist aber auch, dass im Betrieb vertrauensvoll miteinander kommuniziert wird.

 

Mit kollegialen Grüßen

Volker Geyer

Stellv. Bundesvorsitzender Fachvorstand Tarifpolitik

 

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